Welche Branchen brummen wirklich?

Erfolgsmeldungen jagen Rekorde. Einige Bereiche feiern sich immer wieder als Boom-Branche, allen voran die Wellness-Branche, zu der sich auch die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln zählen. Was ist eigentlich dran an solchen Meldungen?

Es ist richtig, die Wellnessbranche boomt wirklich schon seit einigen Jahren und konnte die Jahresumsätze in Deutschland tatsächlich zwischen 1999 und 2005 von 54 Mrd EUR auf über 72 Mrd EUR erhöhen. Allerdings feiern sich die Anbieter von Nahrungsergänzungen hier mit deutlich kleinerer Berechtigung, denn ihr Anteil am gesamten Wellnessmarkt beträgt mit rund 1,4 Mrd EUR Jahresumsatz grade einmal 1,9%. Damit liegt dieser Bereich sogar noch deutlich hinter der Kosmetikindustrie, die jährlich immerhin 2,5 Mrd EUR umzusetzen vermag. Der gesamte Bereich Körperpflege bringt es hier mit rund 25 Mrd EUR auf ein Vielfaches.

Mit Abstand am meisten geben die Deutschen im Jahr ihr Geld für Nahrungsmittel (124 Mrd EUR), Textilien (115 Mrd EUR) und Autokauf (75 Mrd EUR) aus. Rund 69 Mrd EUR fielen hierbei im Jahr 2007 allein auf die Bekleidung.

Es brummt immer dort am meisten, wo ein möglichst hoher Anteil der Bevölkerung einen echten Bedarf an einer Produktgruppe hat oder sogar eine Notwendigkeit zu deren Nutzung besteht, die damit also nicht nur erwünscht sind, sondern sogar benötigt werden. Verkürzt kann man es vielleicht auf den Satz reduzieren: Wir brauchen vor allem Essen, Auto und Kleidung.

Die mit Abstand grössten Zielgruppen findet man also in den Bereichen Nahrungsmittel, Auto und Bekleidung. Dem vertriebsinteressierten Unternehmer stellt sich hier nun die Frage, in welchem dieser Bereiche sich die besten Chancen bieten, ein dauerhaft attraktives und lukratives Geschäft aufzubauen.

Wegen vielfältiger Vorschriften und Erfordernisse und der damit automatisch verbundenen hohen Kosten im Nahrungsmittel- oder Kfz-Handel bleibt für einen unkomplizierten Absatz im kostengünstigen Direktvertrieb im Grunde nur noch der Bekleidungssektor mit sehr einfach zu handhabenden Waren, die weder eine besondere Lagerung noch besonderen Transport oder Behandlung bedürfen. Bekleidung muss (wie alle Textilien) trocken und sauber gelagert werden, sollte keinen Gerüchen ausgesetzt sein und nicht dort aufbewahrt werden, wo Haustiere Zugang haben, aber das war’s auch schon. Optimale Bedingungen zur kurzfristigen Lagerung dürften schon in den meisten Wohnungen ausreichend vorhanden sein.

Der grösste Vorteil der Produktgruppe Bekleidung ist jedoch die Zielgruppe von 100% aller Menschen. Selbst wenn man die Menschen, welche spezielle Bekleidung benötigen, abziehen, bleibt noch immer eine Zielgruppe von 70-80% übrig – Menschen die im Grunde nur drei Hauptkriterien an den Bekleidungskauf anlegen: Es muss gefallen, passen und seinen Preis wert sein. Werden diese Kriterien erfüllt, wird gekauft, wenn nicht, dann nicht.

Für den Händler kommt hier jedoch noch ein weiteres Kriterium hinzu, die für den Aufbau einer Stammkundschaft sehr wichtig ist, nämlich die Nachkaufrate. Bekleidung gehört nur bedingt zu den Verbrauchsprodukten, denn sie hält vergleichsweise lange, trägt sich allerdings mit der Zeit dennoch ab. Dafür unterliegt Kleidung allerdings wieder wechselnden Modetrends und so kommt es sehr darauf an, ob das Gesamtangebot abwechslungsreich genug ist, um den gleichen Kunden immer wieder neue Kleidung anbieten zu können, die auch nicht langweilig wird.

Besonders interessant wird es, wenn ein Angebot ein möglichst grosses Spektrum abzudecken in der Lage ist. Beispielsweise kann eine attraktive und günstige Kindermodenlinie schon deshalb lukrativ sein, weil Kinder relativ schnell wachsen und daher oft neue Sachen benötigen. Auch Problemzielgruppen wie Träger von Übergrössen erweisen sich für ein passendes Produktangebot zu günstigen Preisen als sehr dankbar, denn der normale Einzelhandel bietet gerade hier ein völlig unzureichendes oder sehr teures Angebot.

So können spezielle Zielgruppen bei entsprechend günstiger Angebots- und Preisgestaltung eines Direktvertriebs gegenüber dem regulären Handel entscheidende Vorteile erlangen. Ein Bedarf an hochwertiger und dazu noch ausgesprochen günstiger Bekleidung besteht eigentlich immer, denn quasi alle Menschen tragen Kleidung.

© 06.2009 by Norbert Warnke

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