Kaltakquise und Reisegewerbe

Das Problem „Kaltakquise und Reisegewerbekarte“ ist wahrlich nicht neu, setzt sich allerdings immer wieder wie von selbst auf die Tagesordnung und mehrere unterschiedliche Ansichten, Erklärungen und Meinungen kursieren zu diesem Thema. Da es keine generelle Antwort auf die Frage gibt, ist es auch nicht wirklich leicht, sich wirklich richtig zu verhalten, ohne hohe Bussgelder zu riskieren. Der Vertrieb im gewerblichen Aussendienst lebt mitunter davon, durch unangemeldete Besuche neue Kunden zu gewinnen und eine gewisse Rechtssicherheit ist hier gerade für Networker sehr wichtig.

Die Gewerbeordnung (GewO) schreibt im § 55 vor: „Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben, Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht“

Hier scheiden sich bereits die Geister an dem Wort „Bestellung“. Gemeint ist hier nicht, wie mitunter fälschlich angenommen wird, eine Warenbestellung, sondern ganz einfach die Vereinbarung des Besuchs im Sinne von Einladung oder Terminvereinbarung. Das heisst schon einmal, dass eine Reisegewerbekarte dann nicht erforderlich ist, wenn der Besucher zu einem vorher mit dem Besuchten vereinbarten Termin kommt.

Interessanter ist jedoch die Rechtslage, wenn der Besucher keinen Termin hat, also unangemeldet und ohne vorherige Vereinbarung erscheint. Hier ist es jedoch nicht ganz so klar und schon gar nicht generell zu beantworten, denn es gibt durchaus Ausnahmen von der Verpflichtung, eine Reisegewerbekarte zu führen.

Ausgenommen sind nach § 55a GewO Tätigkeiten in der Gemeinde des eigenen Wohnsitzes oder gewerblichen Niederlassung, wenn die Einwohnerzahl der Gemeinde unterhalb 10.000 Einwohnern liegt. Weitere Ausnahmen bildet nach § 55b GewO, wenn der Gewerbetreibende andere Personen im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes aufsucht.

Besonders der letzte Punkt aus dem § 55b ist hier sehr interessant, denn hier sind die Grenzen fast fliessend. Es muss also sehr genau auf die näheren Umstände geachtet werden, was entscheidend für die Art des Besuchs bzw. des Angebots ist. Im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Besuchten sind hier ausschliesslich Angebote, die auch den Geschäftsbetrieb betreffen und nicht für die private Nutzung des Besuchten oder seiner Angestellten bestimmt sind.

Wer also einen Gewerbetreibenden in seinem Geschäft, Praxis oder Büro ohne vorherige Anmeldung aufsucht, um ihm Waren oder Leistungen anzubieten, die für den Geschäftsbetrieb des Besuchten bestimmt sind, benötigt hier nach Auskunft der Senatsverwaltung für Wirtschaft in Berlin keine Reisegewerbekarte. Beispiel: Biete ich einem Bauunternehmen Werkzeuge, Fahrzeuge oder für seinen Betrieb gewerblich nutzbare Dienstleistungen an, ist dies ohne Reisegewerbekarte möglich.

Wer ein Geschäft, Praxis oder Büro ohne vorherige Anmeldung aufsucht, um dort Waren und Leistungen anzubieten, die mit dem Geschäftsbetrieb des Besuchten nichts zu tun haben und die für die private Nutzung des Inhabers oder seiner Angestellten als Verbraucher bestimmt sind, benötigt zwingend eine gültige Reisegewerbekarte. Beispiel: Biete ich einem Bauunternehmen Parfum und Kosmetik an, das er oder seine Angestellten für sich privat bestellen können, ist eine Reisegewerbekarte zwingend erforderlich.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft in Berlin über den Sinn dieser Differenzierung zwischen gewerblichen und privaten Angeboten: „Mit dieser Norm wird verdeutlicht, dass beim Aufsuchen des privaten Verbrauchers primär eine vorangegangene Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit stattgefunden haben soll. Bei aufgesuchten Geschäftsleuten wird von einer professionellen Erfahrung mit aufsuchenden Personen ausgegangen.“

© 07.2009 by Norbert Warnke

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2 Gedanken zu „Kaltakquise und Reisegewerbe

  1. Jonas Kuckuk

    Tach Herr Warnke,

    Ihre Darstellung übers Reisegewerbe ist nicht ganz richtig. Mit einer Bestellung , bzw mit „ohne vorhergehender Bestellung“ ist ein geschäftlicher Akt gemeint.

    Schauen Sie doch mal auf unsere Homepage der freien Handwerker. www: buhev.de

    Gruß Jonas Kuckuk

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